Rindenpfropfen - Veredelungskurs

Am Samstag habe ich an einem Veredelungskurs teilgenommen. Dieser Termin wurde im Rahmen meiner Fachwartausbildung geplant.

Mehrfruchtbaum schön sichtbar an der Blütenfarbe

Das Veredeln von Obstbäumen ist schon mehr als 3.000 Jahre alt.
Da Veredelung eine aufwendige und teure Angelegenheit ist, wird sie vor allem bei folgenden Gründen angewendet:
  • Sortenerhaltung
    eine unbekannte Sorte kann über Jungtriebe (Edelreis) auf eine andere Unterlage veredeln.
  • Sortenvermehrung
    Obstbäume können in der Regel nicht durch Samen vermehrt werden.
  • Umpfropfen
    ohne erst lange einen neuen Baum großziehen zu müssen
  • Mehrfruchtbaum
    Mal was Neues ausprobieren
     
Es gibt mehrere Möglichkeiten der Veredelung, die sich unter anderem durch den Zeitpunkt der Durchführung unterscheiden:

Obwohl während des Vormittags alle obengenannten Veredelungen vorgestellt und praktisch präsentiert wurden, lag der Fokus auf Rindenpfropfen.

Die wichtigsten Voraussetzungen:
  • Edelreis und Unterlage sind unterschiedlich stark
  • Reiserstärke bis ca. 1 cm Durchmesser
  • Unterlagenstärke von 3 cm bis ca. 10 cm Durchmesser
  • Die Rinde muss lösen
  • Werkzeug: Leichte Hippe und Gerades Messer

Das Edelreis sollte in der tiefsten Winterruhe geschnitten werden (Dezember oder Januar), damit es das Wasser nicht verdunstet. Die abgeschnittenen Reiser müssen kühl, unbedingt frostfrei und feucht (nicht nass!) gelagert werden.
(Kühlraum, Alter Keller, In einer dicken Folie im Gefrierschrank, usw.)

Beim Zeitpunkt der Veredelung sollten die Bäume voll unter Saftdruck stehen. (März, April oder Mai). Also Unterlage in voller Blüte und dagegen Edelreis möglichst in Ruhe. Da Steinobst früher austreibt, ist es manchmal ein Problem das Edelreis "ruhig" zu halten. Die Erfolgsquote bei Steinobst ist nur 50% im Vergleich zum Kernobst mit 90% Erfolgsquote.

Bei Veredeln ist das Kambium, der schmale helle Ring unter der Rinde, sehr wichtig. Dieses enthält teilungsfähige Zellen, die das Anwachsen des Edelreises an der Unterlage ermöglicht. Bei der Veredelung wird möglichst große Fläche des Kambiums benötigt.

Anleitung:

  1. Am Edelreis wird ein langer (bis 6cm) Schnitt schräg durchgeführt, auch Kopulationsschnitt genannt. Dazu wird das Hippemesser benutzt. Dadurch wird die Fläche des abgedeckten Kambiums maximiert.
                       
  2. Der zu veredelnde Baum (bzw.Ast) wird abgeschnitten (abgeworfen).
                       
  3. Mit dem geraden Messer wird an der Unterlage ein Längsschnitt gemacht und die Rindenflügel gelöst. Am besten durch einen Druck vom Daumballen.
  4. Das Edelreis wird unter die Rinde geschoben bis nur noch ein 1 mm großer Teil des Schnittes am Reis zu sehen ist.
                      
  5. Nun wird die Veredelung fest mit Bast verbunden.

       

                
  6. Danach werden die Schnittstellen noch mit einem Veredelungswachs verstrichen, dicht gemacht.
    ( die Reiserspitze mitbehandeln!)


Das Schwierigste an der Veredelung ist wohl der schräge lange Schnitt am Edelreis. Dazu wird ein wenig Übung benötigt. Wenn dieser Schnitt nicht sitzt, mindert sich die Erfolgsquote beachtlich, oder Sollbruchstellen entstehen.

Edelreisig kann bei Reiserschnittgarten in Weinsberg bezogen werden. Sie haben rund 430 Obstsorten im Angebot!


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